Die Benenngeschwindigkeit gibt an, wie schnell ein „Etwas“, das du gesehen hast, benannt werden kann. Es geht also um das Sehen, Erkennen und Umsetzen in Sprache.
Dieses „Etwas“, das du siehst, erkennst und in Sprache umsetzt, also benennst, kann ein Buchstabe, eine Zahl, eine Farbe oder ein Gegenstand sein.
Es ist klar, dass diese Funktion sehr viel mit dem Lesen zu tun hat.
Die Benenngeschwindigkeit, die Vorschulkinder aufbringen, ist ein wichtiger Prädiktor für die spätere Leseleistung.
Oder andersherum: Bei Untersuchungen in vierten Klassen hat sich gezeigt, dass schwache Leser eine deutlich geringere Benenngeschwindigkeit aufweisen als gute Leser.
Vor dem Aussprechen kommt das Erkennen
Das hatten wir ja schon: Buchstaben werden leichter erkannt und sicherer im Gedächtnis gespeichert, wenn das abstrakte Zeichen mit Bild und Handlung verknüpft ist.
In diese didaktische Schublade gehört auch die Arbeit am Wortschatz. Gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund oder aus nur schwach literalisierten Familien kannst du in der Schule wirklich etwas bewirken, wenn du auf diesen Teilbereich didaktische Mühe verwendest. Und auch für Kinder, die ein Wortschatztraining nicht so nötig haben wie ihre schwächeren Mitschüler, hat das Üben im schnellen Erkennen und Aussprechen – also Benennen – einen Reiz, weil es spielerisch-sportlich daherkommt: Wie viele schaffst du in einer Minute?
Das Tempotraining im Benennen
Die Benenn-Leistung pro Minute erhöhen, das ist die challenge. Du kannst Säulendiagramme von den Benenn-Leistungen der einzelnen Kinder zeichnen und so auch die Fortschritte sichtbar machen.
Beispiel: Anzahl der Buchstaben, die Lisa in einer Minute nennen kann.
Ein Tempotraining kann zunächst einmal mit Bildern von Objekten gemacht werden. Dann dient es sehr wirkungsvoll der Wortschatzerweiterung und -sicherung. Natürlich muss vorher darüber gesprochen werden, was auf den einzelnen Bildern zu sehen ist und es können dieselben Bilder auch innerhalb der Minute mehrmals gezeigt werden. Wichtig ist, dass mit Freude trainiert wird.
Ein mögliches Setting:
Ein Kind ist der Spieler, eines der Zeitwächter mit Stoppuhr und du bist der Spielleiter und zeigst die Bilder her. Das geht hervorragend in den Freiarbeitsphasen. Es werden auch gerne andere Kinder dabei zuschauen und du kannst der Reihe nach verschiedene Spieler drannehmen.
Tempotraining mit Buchstaben
Nach dem in meinem Leselehrgang vorgeschlagenen Tempo – ein Buchstabe pro Woche – sind Kinder an bayrischen Grundschulen jetzt beim 17. Buchstaben und haben also reichlich Material für ein Tempotraining mit Buchstaben.
In der bei mir verwendeten Buchstabenfolge sind das:
Aa Mm Oo Rr Tt Ww Ee Ll Kk Nn Ii Dd Ss Uu Ff Gg Ää
Kleinbuchstaben werden gesondert hergezeigt, also haben wir 34 verschiedene Buchstabenkärtchen.
Die Kärtchen kannst du leicht selbst herstellen mit den Blanko-Legekarten (Format 6×6 cm) von Betzold.
Eine wichtige Frage: Wie schnell sollen die Kinder sein?
Hier dienen zur Orientierung die Ergebnisse der oben erwähnten Untersuchung, die übrigens an der Uniklinik der RTWH Aachen durchgeführt wurde. Daraus wird auch deutlich, dass alphanumerische Items (also Buchstaben und Zahlen) wesentlich schneller benannt werden konnten als non-alphanumerische Items (Farben und Gegenstände).
Untersucht wurden 35 Kinder einer 4. Klasse, die im Lesen mindestens durchschnittliche Leistungen erbrachten.
Das durchschnittliche Tempo der Gruppe war:
Das sind – wie bereits erwähnt – Durchschnittswerte von mindestens durchschnittlichen Lesern einer 4. Klasse.
Natürlich sind Kinder einer 1. Klasse langsamer, aber ein Benenntempo von 60 Buchstaben pro Minute ist durchaus realistisch und kann angesteuert werden.
Es geht allerdings nicht vorrangig um eine absolute Ergebniszahl, sondern darum, dass diese Fähigkeit des schnellen Benennens überhaupt erst einmal ein Trainingsinhalt wird, dass mit Freude trainiert wird und die Kinder ihr individuelles Tempo steigern, sowohl beim Benennen von Buchstaben als auch beim Benennen von Gegenständen.