Alle paar Jahre wieder – das Elend von Pisa
Kurz vor Weihnachten ging durch die Republik wieder einmal der Pisaschock. Unsere 15-jährigen Youngsters können nicht richtig lesen! Die Erklärung war schnell gefunden: Corona war schuld. Schließlich war in den drei Jahren vor der Studie der Unterricht nur in eingeschränkter Form möglich. Diese Begründung wirkt auf den ersten Blick vielleicht überzeugend – aber nur, wenn man vom Lernen einerseits wenig Ahnung hat oder andererseits einfach nicht richtig nachdenkt.
Lesen lernt man in der Grundschule
Wann lernt man denn das Lesen? Das ist doch „eigentlich“ jedem klar: in der Grundschule, und die beschult Kinder zwischen 6 und 10 Jahren. Wie alt aber sind die Schüler, die beim Pisatest versagen? 15 Jahre!
Nun wäre es schon interessant zu hören, welche Erklärung es dafür gibt, dass Schüler, die während ihrer Grundschulzeit einen Leselehrgang und die daran anschließende Lesepraxis erfolgreich absolviert haben, diese erworbene Fähigkeit zwischen dem 12. und dem 15. Lebensjahr wieder verloren haben.
Lesen ist wie Radfahren – wer’s einmal ordentlich gelernt hat, der kann’s
Man muss nicht vom Fach sein, um sich hier eine Meinung bilden zu können – man braucht nur seinen Hausverstand zu bemühen: Wer in den vier Grundschuljahren das Lesen wirklich gut gelernt hat, wer Texte nicht nur mühsam zusammenstopselte, sondern mit 10 Jahren flüssig, flott und sinnentnehmend lesen konnte, der kann das auch mit 15 Jahren.
Es wäre also weit besser, nicht den – zugegeben schwierigen – Coronazeiten hinterherzujammern, sondern zu überlegen, wie man Kindern in der Grundschule zu echter Lesekompetenz , Leselust und Lesefreude verhelfen kann.
Ein guter Leselehrgang dauert und verlangt volle Einsatzbereitschaft der Lehrerin
So ein Lehrgang ist gründlich und hört nicht auf, wenn die ersten kurzen Texte mühsam gelesen werden können. Er verlangt von der Lehrerin viel mehr als das bloße Abarbeiten von Fibel und Arbeitsblättern.
Die Lehrerin braucht ein solides Wissen über das, was beim Lesenlernen im Gehirn geschieht und auch über die Irrwege und Umwege, die dabei manchmal eingeschlagen werden.
Es ist billig und einer ausgebildeten Fachkraft nicht würdig, bei einsetzenden Schwierigkeiten sofort nach der Dyslexiediagnose zu schielen.
Lehrer, die unbedingt wollen, dass ihre Schüler Lernerfolg haben, die auch die Mühen nicht scheuen, sich intensiv mit der Materie zu befassen und individuelle Lernprogramme für ihre Schüler zu entwickeln, solche Lehrer können Wunder bewirken.
Und es gibt sie – wenn auch vorerst leider noch nicht in jeder Klasse und an jeder Schule.
Diese Bücher können dir helfen, für alle deine Schüler das Lesenlernen erfolgreich zu gestalten:
Christina Buchner: Lesen lernen mit links
Eine konkrete Anleitung, Material und viele praktische Tipps für den Einsatz im Unterricht
Stanislas Dehaene: Lesen
Hirnforschung und Kulturwissenschaft
Maryanne Wolf: Das lesende Gehirn
Was geschieht beim Lesenlernen im Gehirn