Autor: Christina Buchner

Schulfrust? – Nix da!

Die ersten Wochen sind prägend Ob in der ersten Klasse oder auch in einer höheren Jahrgangsstufe: Zu Beginn des Schuljahres ist die Lernmotivation am höchsten. Damit sie erhalten bleibt, müssen wir Lehrer alles daran setzen, jedem Kind Lernfortschritte zu ermöglichen und den Unterrichtsvormittag sinnvoll zu rhythmisieren. Es soll schließlich nicht so enden wie bei dem folgenden Beispiel:

Disziplin – unverzichtbares und ungeliebtes Stiefkind

Also lautet ein Beschluss,dass der Mensch was lernen muss. So weit Wilhelm Busch, aber darüber sind wir uns ja alle einig: Damit Kinder sich später in der Welt gut zurechtfinden und ihren Platz im Leben erobern können, müssen sie vorher was lernen. Wir sind uns auch darüber einig, dass Zwang, Drill und Angst schlechte Lehrmeister sind. Trotzdem ist zu beobachten, dass in unserer sogenannten „Leistungsgesellschaft“ viele Kinder genau mit diesen altmodischen Methoden auf Leistung getrimmt werden sollen:Nachhilfe schon für Grundschüler, Selbstzweifel bei den Kindern, Angst vor schlechten Noten und der damit oft einhergehenden Ablehnung durch die Eltern sowie Liebesentzug. Dieses Elend wird in zahlreichen Veröffentlichungen geschildert. Die Schule kann nicht Reparaturinstitut für gesellschaftliche Mängel sein, aber wir können mit unseren Mitteln das Beste aus der Lernnsituation in der Schule machen. Und damit schulisches Lernen erfolgreich sein kann, muss in der Klasse ein Disziplinlevel geschaffen werden, der das ermöglicht. Wobei es entschieden zu kurz gesprungen ist, nur ganz fixiert auf das Thema Disziplin zu starren. Denn ein bekömmliches Lernklima für alle in der Klasse befindlichen Menschen …

Vom Entziffern zum echten Lesen

Es gibt im Handel sehr viel Material für das Üben der Funktionen, die dem „richtigen“ Lesen vorgelagert sind, also für das Entziffern von Wörtern, Sätzen und kurzen Texteinheiten.Doch das ist nicht genug, um eine tragfähige Basis für lebenslanges geläufiges und sicheres Lesen zu bilden.Dafür müssen die Kinder an das sinnverstehende Lesen von altersangemessenen Kinderbüchern herangeführt und dazu befähigt werden.Diejenigen Kinder, die sich zu echten Lesern weiterentwickeln, werden das nicht, wenn sie nur das in der Schule angebotene Übungsmaterial bearbeiten. Wir haben in Deutschland ca. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten, das ist jeder 7. Erwachsene. Sie können einzelne Wörter lesen, aber keine zusammenhängenden Texte. Für diese Menschen ist der Alltag eine einzige Herausforderung. Jeder Behördengang wird zum Spießrutenlauf. Alle diese Menschen sind einmal zur Schule gegangen und haben das Lesen „gelernt“. Doch was bedeutet das in der Realität?Genügt es wirklich, einen Leselehrgang nur mit dem Lesefutter zu gestalten, das sich in Fibeln und auf Arbeitsblättern findet?Wir können uns die Sache natürlich leicht machen, indem wir alle, die mit dem angebotenen Material das Lesen nicht richtig lernen, kurzerhand …

Unscheinbar und unvezichtbar – die Benenngeschwindigkeit

Die Benenngeschwindigkeit gibt an, wie schnell ein „Etwas“, das du gesehen hast, benannt werden kann. Es geht also um das Sehen, Erkennen und Umsetzen in Sprache.Dieses „Etwas“, das du siehst, erkennst und in Sprache umsetzt, also benennst, kann ein Buchstabe, eine Zahl, eine Farbe oder ein Gegenstand sein. Es ist klar, dass diese Funktion sehr viel mit dem Lesen zu tun hat. Die Benenngeschwindigkeit, die Vorschulkinder aufbringen, ist ein wichtiger Prädiktor für die spätere Leseleistung.Oder andersherum: Bei Untersuchungen in vierten Klassen hat sich gezeigt, dass schwache Leser eine deutlich geringere Benenngeschwindigkeit aufweisen als gute Leser. Vor dem Aussprechen kommt das Erkennen Das hatten wir ja schon: Buchstaben werden leichter erkannt und sicherer im Gedächtnis gespeichert, wenn das abstrakte Zeichen mit Bild und Handlung verknüpft ist. In diese didaktische Schublade gehört auch die Arbeit am Wortschatz. Gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund oder aus nur schwach literalisierten Familien kannst du in der Schule wirklich etwas bewirken, wenn du auf diesen Teilbereich didaktische Mühe verwendest. Und auch für Kinder, die ein Wortschatztraining nicht so nötig haben wie ihre …

Augen auf beim Autofahren

Die meisten jungen Leute wollen so bald wie möglich den Führerschein machen. Das ist auch gut so, denn selber autofahren zu können ist ein bedeutendes Stück Autonomie. Nur: Die Durchfallqote bei den Fahrprüfungen steigt seit Jahren, so der Vizevorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, Kurt Bartels, in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 30.12.2022. Und weiter: „Der junge Mensch, der heute in die Fahrschule kommt, hat eine ganz andere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren – nämlich eine geringere.“ Die Fähigkeit, das Verkehrsgeschehen richtig zu beurteilen und einzuordnen, habe nachgelassen.Bartels führt das auch darauf zurück, dass bereits Kinder, wenn sie auf dem Gehsteig gehen oder auch im Auto gefahren werden, nicht mehr auf die Welt um sich herum achten, sondern nur noch auf ihr Smartphone schauen. Das ist eine sehr kluge Beobachtung. Denn Raumwahrnehmung, Raumorientierung und Raumvorstellung können in unserem Gehirn nur entwickelt werden, wenn es Gelegenheit hat, sich in der echten Wirklichkeit damit auseinanderzusetzen, zu lernen und zu üben. Es geht nichts über das echte Leben Nun werden aber echte dreidimensionale Erfahrungen im Leben unserer …

Wie heißt der gleich wieder? Buchstaben – unverzichtbare Lesebausteine

Um flott, flüssig und sicher lesen zu können, müssen die abstrakten Zeichen, aus denen wir Wörter, Sätze und Geschichten formen, ganz selbstverständlich und vor allem schnell in Laute umgesetzt werden können.Das alleine macht zwar das Lesen noch nicht aus, aber es ist eine notwendige Voraussetzung, ohne die Lesen nicht möglich ist. Wie sich dann aus einzelnen Buchstaben Silben und Wörter formen, ist ein weiterer Schritt. Aber der erste Schritt ist unverzichtbar. Nun ist es so, dass Kinder die Welt in der Vorschulzeit durch die Auseinandersetzung mit echten Dingen kennen lernen, also einen dreidimensionalen, direkten Zugang haben zu allem, was sie umgibt. Was bedeutet das nun konkret?

Lernen kann schön sein

Das klingt in deinen Ohren wahrscheinlich altbacken und unglaubwürdig. Dabei wäre die Sache wirklich einfach, aber sie wird künstlich – wie ich meine – kompliziert gemacht.Ich habe mein ganzes Berufsleben mit Kindern verbracht und ich konnte nicht feststellen, dass Kinder sich in ihrem Wesenskern in diesen vielen Jahren verändert hätten.Was sich allerdings dramatisch verändert hat, das sind die Bedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen:

Christina Buchner

Studium der Erziehungswissenschaften an der LMU München. Ausbildung in Edukinesthetik bei Paul und Gail Dennison. 10 Jahre Klassenlehrerin an der Hauptschule,13 Jahre Klassenlehrerin an der Grundschule,16 Jahre Schulleiterin an Grundschulen im Landkreis München, davon 8 Jahre zusätzlich als Klassenlehrerin in 1. bis 4. Klassen, 8 Jahre Fachlehrerin für Mathematik und Musik. Entwicklung eigener Methoden für elementare Mathematik, Lesen, Schreibmotorik, Rechtschreiben, Texte verfassen, Classroom Management, Freiarbeit und für das Theaterspielen mit Kindern. Schwerpunkte in der täglichen Unterrichtsarbeit neben dem Unterricht in den Kernfächern:Rhythmische Erziehung, tägliche Arbeit am Aufbau von Bewegungskompetenz, Singen, Theaterspiel, Tanzen, Pflege des sozialen Klimas.