Autor: Christina Buchner

Vom Entziffern zum echten Lesen

Es gibt im Handel sehr viel Material für das Üben der Funktionen, die dem „richtigen“ Lesen vorgelagert sind, also für das Entziffern von Wörtern, Sätzen und kurzen Texteinheiten.Doch das ist nicht genug, um eine tragfähige Basis für lebenslanges geläufiges und sicheres Lesen zu bilden.Dafür müssen die Kinder an das sinnverstehende Lesen von altersangemessenen Kinderbüchern herangeführt und dazu befähigt werden.Diejenigen Kinder, die sich zu echten Lesern weiterentwickeln, werden das nicht, wenn sie nur das in der Schule angebotene Übungsmaterial bearbeiten. Wir haben in Deutschland ca. 7,5 Millionen funktionale Analphabeten, das ist jeder 7. Erwachsene. Sie können einzelne Wörter lesen, aber keine zusammenhängenden Texte. Für diese Menschen ist der Alltag eine einzige Herausforderung. Jeder Behördengang wird zum Spießrutenlauf. Alle diese Menschen sind einmal zur Schule gegangen und haben das Lesen „gelernt“. Doch was bedeutet das in der Realität?Genügt es wirklich, einen Leselehrgang nur mit dem Lesefutter zu gestalten, das sich in Fibeln und auf Arbeitsblättern findet?Wir können uns die Sache natürlich leicht machen, indem wir alle, die mit dem angebotenen Material das Lesen nicht richtig lernen, kurzerhand …

Unscheinbar und unvezichtbar – die Benenngeschwindigkeit

Die Benenngeschwindigkeit gibt an, wie schnell ein „Etwas“, das du gesehen hast, benannt werden kann. Es geht also um das Sehen, Erkennen und Umsetzen in Sprache.Dieses „Etwas“, das du siehst, erkennst und in Sprache umsetzt, also benennst, kann ein Buchstabe, eine Zahl, eine Farbe oder ein Gegenstand sein. Es ist klar, dass diese Funktion sehr viel mit dem Lesen zu tun hat. Die Benenngeschwindigkeit, die Vorschulkinder aufbringen, ist ein wichtiger Prädiktor für die spätere Leseleistung.Oder andersherum: Bei Untersuchungen in vierten Klassen hat sich gezeigt, dass schwache Leser eine deutlich geringere Benenngeschwindigkeit aufweisen als gute Leser. Vor dem Aussprechen kommt das Erkennen Das hatten wir ja schon: Buchstaben werden leichter erkannt und sicherer im Gedächtnis gespeichert, wenn das abstrakte Zeichen mit Bild und Handlung verknüpft ist. In diese didaktische Schublade gehört auch die Arbeit am Wortschatz. Gerade bei Kindern mit Migrationshintergrund oder aus nur schwach literalisierten Familien kannst du in der Schule wirklich etwas bewirken, wenn du auf diesen Teilbereich didaktische Mühe verwendest. Und auch für Kinder, die ein Wortschatztraining nicht so nötig haben wie ihre …

Augen auf beim Autofahren

Die meisten jungen Leute wollen so bald wie möglich den Führerschein machen. Das ist auch gut so, denn selber autofahren zu können ist ein bedeutendes Stück Autonomie. Nur: Die Durchfallqote bei den Fahrprüfungen steigt seit Jahren, so der Vizevorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, Kurt Bartels, in einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 30.12.2022. Und weiter: „Der junge Mensch, der heute in die Fahrschule kommt, hat eine ganz andere Verkehrswahrnehmung als noch vor 20 Jahren – nämlich eine geringere.“ Die Fähigkeit, das Verkehrsgeschehen richtig zu beurteilen und einzuordnen, habe nachgelassen.Bartels führt das auch darauf zurück, dass bereits Kinder, wenn sie auf dem Gehsteig gehen oder auch im Auto gefahren werden, nicht mehr auf die Welt um sich herum achten, sondern nur noch auf ihr Smartphone schauen. Das ist eine sehr kluge Beobachtung. Denn Raumwahrnehmung, Raumorientierung und Raumvorstellung können in unserem Gehirn nur entwickelt werden, wenn es Gelegenheit hat, sich in der echten Wirklichkeit damit auseinanderzusetzen, zu lernen und zu üben. Es geht nichts über das echte Leben Nun werden aber echte dreidimensionale Erfahrungen im Leben unserer …

Wie heißt der gleich wieder? Buchstaben – unverzichtbare Lesebausteine

Um flott, flüssig und sicher lesen zu können, müssen die abstrakten Zeichen, aus denen wir Wörter, Sätze und Geschichten formen, ganz selbstverständlich und vor allem schnell in Laute umgesetzt werden können.Das alleine macht zwar das Lesen noch nicht aus, aber es ist eine notwendige Voraussetzung, ohne die Lesen nicht möglich ist. Wie sich dann aus einzelnen Buchstaben Silben und Wörter formen, ist ein weiterer Schritt. Aber der erste Schritt ist unverzichtbar. Nun ist es so, dass Kinder die Welt in der Vorschulzeit durch die Auseinandersetzung mit echten Dingen kennen lernen, also einen dreidimensionalen, direkten Zugang haben zu allem, was sie umgibt. Was bedeutet das nun konkret?

Lernen kann schön sein

Das klingt in deinen Ohren wahrscheinlich altbacken und unglaubwürdig. Dabei wäre die Sache wirklich einfach, aber sie wird künstlich – wie ich meine – kompliziert gemacht.Ich habe mein ganzes Berufsleben mit Kindern verbracht und ich konnte nicht feststellen, dass Kinder sich in ihrem Wesenskern in diesen vielen Jahren verändert hätten.Was sich allerdings dramatisch verändert hat, das sind die Bedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen:

Lesenlernen mit links ist wieder da

Lange waren meine Geschichten zum Lesenlernen vergriffen.Jetzt sind sie wieder erschienen, in überarbeiteter und erweiterter Form. Ich habe in den vergangenen Jahren viele Anfragen erhalten, ob ich denn nicht noch einige Exemplare hätte, aber ich hatte nicht.Wenn du dich mit deiner Klasse auf den Weg ins bunte Leseland machen möchtest, ohne auf die Fibeltexte angewiesen zu sein und wenn du einen roten Faden möchtest, der dir aufzeigt, wie du deine Schüler vom Entziffern zum echten Lesen bringen kannst, dann bist du mit diesem Buch gut bedient. Du kannst es portofrei beziehen im BoD Buchshop.

Müssen die Strukturen starr sein?

Ich habe gerade ein Buch des Bildungsbloggers Bob Blume gelesen, in dem er die starren Unterrichtsstrukturen beklagt. (Bob Blume: 10 Dinge, die ich an der Schule hasse, München, 2022).Nun unterrichtet der Autor an einem Gymnasium, und da liegen die Dinge sicher anders. In der Grundschule allerdings gibt es keine pädagogisch sinnvolle Rechtfertigung für einen Vormittag, der nur aus aneinandergestückelten 45-Minuten-Häppchen besteht, von denen jedes eine vollständige, abgeschlossene „Stunde“ sein soll, mit Motivation, Einführung, Erarbeitung, Zusammenfassung und Wiederholung. Wir haben ganz andere Möglichkeiten und zum Glück auch inzwischen einige Lehrerinnen, die diese Möglichkeiten nutzen, wenn es auch nach wie vor viel zu wenige sind.Ich möchte dir, falls du das Glück hast, Klassenlehrerin zu sein, einige Ideen vorstellen, nichts großartig Neues. Denn „eigentlich“ ist alles, was sinnvoll und wirkmächtig ist, bereits bekannt. Das Rad ist längst erfunden, wir müssen nur noch damit fahren. So etwas hat nicht in 45 Minuten Platz Wenn du alleine diese drei Tipps in deinem Unterricht umsetzt, wirst du erleben, dass Schule mehr sein kann als nur eine „Lernanstalt“. Sie kann Lebens- und …